Neues Medikament gegen Adipositas und Diabetes Typ-II
Eine neue Wirkstoffklasse könnte Bypass-Operationen überflüssig machen und Diabetes heilen. Der neue Wirkstoff kurbelt die Kalorienverbrennung an und reduziert die Nahrungsaufnahme.
Gängige Medikamente gegen die weitverbreiteten Volkskrankheiten Fettleibigkeit und Diabetes rufen oft Nebenwirkungen hervor. Chirurgische Maßnahmen wie ein Magenbypass, der die Gewichtsabnahme fördert und Diabetes sogar vollständig beheben kann, sind mit Risiken behaftet und nicht für jeden Patienten möglich. Die Forschungsgruppe um Dr. Robert Doyle von der Syracuse University und der SUNY Upstate Medical University sowie Dr. Christian Roth vom Seattle Children’s Research Institute entwickelte ein neues Präparat, welches die Behandlung von Fettleibigkeit und Diabetes ohne Nebenwirkungen ermöglicht.
Die Hormone Glucagon-like Peptide-1 (GLP-1) und Peptid YY (PYY) signalisieren Sättigung, zügeln den Appetit und normalisieren den Blutzucker. Nach einer Bypass-Operation werden sie vermehrt im Darm sekretiert. Medikamente, die bislang als Appetitzügler zur Bekämpfung von Adipositas erhältlich sind, ahmen diese Wirkung nach, haben aber Nebenwirkungen. Sie aktivieren den Darmrezeptor für GLP-1 in der Bauchspeicheldrüse und im Gehirn.
Das neue Mittel mit der Bezeichnung GEP44 aktiviert gleich mehrere Darmrezeptoren, zwei Rezeptoren für PYY sowie den Rezeptor für GLP-1. Im Tierversuch an Ratten und Spitzmäusen zeigten sich keine Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen. Dies liegt, so die Forscher, vermutlich daran, dass durch Aktivierung mehrerer Rezeptoren die Symptome aufgehoben werden. Die Versuchstiere nahmen bis zu 80% weniger Nahrung auf und hatten einen erhöhten Energieverbrauch.
"Lange Zeit dachten wir, dass man Gewichtsreduktion und Übelkeit und Erbrechen nicht voneinander trennen kann, weil sie mit genau demselben Teil des Gehirns verbunden sind", sagt Doyle. Aber die Forscher haben diese beiden Wege nun entkoppelt – und das hat zum Beispiel auch Auswirkungen auf die Chemotherapie, die ähnliche Nebenwirkungen verursacht. "Was wäre, wenn wir den Nutzen der Chemotherapie beibehalten könnten, aber dem Teil des Gehirns, der Erbrechen und Übelkeit verursacht, sagen könnten, dass er aufhören soll? Dann könnten wir den Patienten eine höhere Dosis verabreichen, so dass sie eine bessere Prognose hätten und auch eine bessere Lebensqualität während der Chemotherapie", erklärt der Forscher.
Ein weiterer Vorteil des neuen Medikaments ist die verlängerte Wirkungsdauer. Bei ein- bis zweimaliger Verabreichung in der Woche behielt es seine Wirkung auch nach dem Absetzen. Neben dem Gewicht sank nach Behandlung auch der Blutzuckerspiegel. Glukose wurde unter der Wirkung des Medikaments von den Muskelzellen als Brennstoff verwendet. GEP44 wandelte Zellen der Bauchspeicheldrüse in insulinproduzierende Zellen um und ersetzte dort die geschädigten Zellen.
Die Wissenschaftler präsentierten ihre Ergebnisse auf der Frühjahrstagung der American Chemical Society (ACS). Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Journal of Medicinal Chemistry“ veröffentlicht.